Liebe Freunde der Sicherheit,
vor einiger Zeit habe ich eine kleine Statistik vorgelegt, die zeigte, dass in SPIEGEL Online der Angstindex im Ressort Politik seit dem 11. September 2001 auf einem höheren Niveau verharrt, als vorher. Der Angstindex ist eine simple Größe: er repräsentiert die relative Frequenz von mehr als 800 potenziell Angst verbreitenden Wörtern und n-Grammen. Ein Angstindex von 0.002 bedeutet, dass jedes 500. Wort das Potenzial hat, auf Sachverhalte zu verweisen, die angstbesetzt sind. Interessant war, dass mit der Finanzkrise der Angstindex im Ressort Wirtschaft erstmals über den im Ressort Politik kletterte.
Natürlich habe ich mich – so wie einige Kommentatoren – gefragt, ob die beobachteten Entwicklungen schon früher bei besonderen Ereignissen in ähnlicher Form auftraten oder ob sie als historisch einmalig und damit als Zeitphänomen gedeutet werden müssten. Da verlässliche Daten für SPON nur für die letzten 12 Jahre zu haben sind, habe ich mir das ZEIT-Archiv vorgenommen und den Fnord-Index seit den 1960er Jahren untersucht. Die folgende Grafik zeigt einen Vergleich des Angstindexes in den Ressorts Politik und Wirtschaft:
Auf den ersten Blick sieht man, dass auch in der gedruckten ZEIT der Angstindex im Ressort Wirtschaft seit Ausbruch der Finanzkrise über den im Ressort Politik geklettert ist. Anders als bei SPON geht der Angstindex im Politik-Ressort der ZEIT nach dem Maximum nach 9/11 wieder deutlich zurück und steigt erst wieder mit dem Beginn der Finanzkrise.
Betrachtet man die Entwicklung des Angstindex im Ressort Wirtschaft genauer, dann zeigen sich die monströsen Ausmaße, die die ZEIT der Finanzkrise zuschreibt.
Niemals vorher kletterte der Angstindex auf ein so hohes Niveau und verharrte dort so lange: Die Ölkrisen, das Ende des Systems von Bretton Woods, das Platzen der Dotcom-Blase und sogar die Verunsicherungen nach dem 11. September 2001 erscheinen marginal angesichts der sich inzwischen über mehrere Jahre hinziehenden Finanz- und Wirtschaftskrise.
Legt man den (zurückberechneten) DAX über die Kurve des Angstindex, dann zeigt sich seit den späten 1990er Jahren ein Zusammenhang zwischen den beiden Kurven.
Interessanterweise sieht es so aus, dass die Aktienkurse schon bei einem gleichbleibenden Angstindex steigen. Nur in Zeiten, in denen der Angstindex steigt, fallen die Aktienkurse. So ist der DAX trotz hohem Angstindex nach wie vor auf relativ hohem Niveau.
DISCLAIMER: Der monatliche Angstindex ist ein sehr grobes Messinstrument und ich behaupte nicht, dass er prognostische Qualitäten hat.